Sonntag, 16. Juni 2019

So bereitest du dich für ein Trailrunning-Rennen vor (Teil 2)

Bergwelten: Jetzt weiß man, wann man mit dem Training beginnen muss und wie man richtig trainiert. Wie legt man dann den Umfang und die Intensität fest?
Techniktraining im Trail

JN: Das kommt immer ganz auf die Länge und das Gelände des Wettkampfs an. Es gibt im Trailrunning die unterschiedlichsten Distanzen – da hat man von 19 bis 160 km eine breite Palette. Wenn man bei einem Event, wie etwa den adidas Infinite Trails mitmachen will, lohnt es sich, Trainings auch mal in ähnlichem Terrain zu machen, damit man weiß, wie fühlt sich das an? Wie sind die Aufstiege? Wie die Downhills?
Wer maximal 20 km läuft, der muss im Training keine 40 km laufen. Der macht kürzere, dafür schnellere Einheiten. Wenn man dann aber an Rennen mit bis zu 100 km teilnimmt, muss man im Training schon mal 40 km laufen. Wichtig ist, sich von Training zu Training zu steigern – nicht was die Häufigkeit der Trainings betrifft, sondern den Umfang und die Intensität. Man sollte dabei nicht nur lange, gemütliche Läufe machen, sonder darauf achten, die Grundgeschwindigkeit nicht zu verlieren. Hügelläufe, Bergintervalle oder auch Bahntraining helfen dabei.
B:Die eigentliche Wettkampfdistanz läuft man dann also nie im Training?
JN:Nein. Da gehen die Meinungen ein bisschen auseinander, aber ich sage, dass nicht schon das Training ein Wettkampf sein soll. Wenn man über 40 km im Training macht, geht man an die Reserven. Das ist nicht nur physisch, sondern auch psychisch anstrengend und diese Energie sollte man sich für den Wettkampf aufbehalten, um dann die 20 km mehr als im Training noch durchzustehen. Straßenmarathonläufer machen das vielleicht manchmal, gerade Profiathleten laufen auch 42 km im Training. Die laufen das aber in 2 Stunden 30 Minuten, während ein Normalsportler 4-5 Stunden dafür braucht. Das ist natürlich eine ganz andere Belastung.
Sehr viele Menschen übernehmen 1:1 das Training von Profisportlern, wissen aber nicht, dass sie eben doppelt so lange brauchen. Danach gehen die ja dann noch in die Arbeit! Ein Profisportler hat dann den restliche Tag Pause – oder Physio. Man muss das Training an die jeweilige Person anpassen und auch mal sagen: Ihr könnt nicht das Gleiche machen wie ein Profisportler!
BPsychisch kann das aber auch ganz schön schwierig sein, wenn man weiß, dass man die eigentliche Wettkampfdistanz noch nie zurückgelegt hat. Wie sieht da die mentale Vorbereitung aus?
JN: Wenn man einen guten Trainingsaufbau hat, merkt man einerseits, dass man Fortschritte macht und andererseits braucht man da auch seine Erfahrungen. Die sammelt man aber nur, wenn man Wettkämpfe läuft. Dort merkt man dann „ah, es geht eh auch, wenn ich nicht die 50 oder 60 km im Training gelaufen bin.
B: Welche Rolle spielt die Ernährung vor einem Wettkampf?
JN: Die meisten Läufer achten das ganze Jahr über auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung und das ist auch gut so. Für mich ist auch wichtig, dass man so normal wie möglich an den Wettkampf-Start geht. Es gibt zwar verschiedenste Möglichkeiten, seine Ernährung vor dem Wettkampf umzustellen, für mich ist das aber eher mehr Stress. In den Tagen vor dem Rennen sollte man genügend Kohlenhydrate und Flüssigkeit zu sich nehmen. Aber nicht so, dass einem das Wasser fast zu den Ohren herausläuft. Das kann nämlich dazu führen, dass man alle Spurenelemente und Mineralien wieder rausspült. Je normaler, erholter und stressfreier man zum Wettkampf kommt, desto eher kann man seine optimale Leistung abrufen.
Energie durch ausgewogene Ernährung

BDu sagst, man sollte erholt zum Wettkampf kommen. Was bedeutet das dann für das Training in den letzten Tagen vor dem Rennen?
JN: Wenn der Wettkampf am Samstag ist, mache ich meist am Dienstag noch eine leichtere, intensive Einheit, mit ca. 4x4 Minuten Belastung im Wettkampftempo. Da geht es mehr darum, dass man ein gutes Laufgefühl hat, ich schaue dabei auch gar nicht wirklich auf die Uhr. Die Tage davor sollte man wirklich nur noch 30-40 min leicht betätigen, etwas schwitzen, damit der Körper aktiv bleibt. Spätestens auf den letzten zehn Kilometern ist man dann froh, wenn man die Tage davor ruhig angegangen ist. In der Zeit kann man dann mental arbeiten und sich darauf besinnen, dass man gut trainiert hat und weiß, dass man die Zähne zusammenbeißen kann, wenn es darauf ankommt.
BWelche Vorteile hat es, in der Gruppe zu trainieren?
Training in der Gruppe

JN: Natürlich ist es wichtig, alleine zu trainieren, da man im Wettkampf dann auch auf sich selbst gestellt ist, es macht aber einfach Spaß, auch mal in der Gruppe zu trainieren. Man ist vielleicht motivierter kann sich mit anderen Athleten austauschen und vergleichen. So findet man heraus, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen, an denen man dann arbeiten kann. Erfahrene Trailrunner und Trainer geben auch spannende Inputs, man macht mal ein Techniktraining oder einen Hügellauf. Es gibt viele, die haben vielleicht schon davon gehört, wissen aber trotzdem nicht genau, wie mache ich ein Hügellauftraining oder worauf achte ich beim Runterlaufen?
Auch erfahrene Sportler können hier viel mitnehmen und sich unterschiedliche Techniken der anderen ansehen. Ich denke da hat man nie ausgelernt und man sollte auch keine Angst davor haben, noch nicht so weit zu sein, wie andere – das kann ja auch sehr motivierend sein.